Nour ist auf dem Weg zum Flughafen, als sie von diesem Erlebnis mit ihrer früheren Lehrerin kurz vor dem Abschluss der Realschule erzählt. Der fehlende Glaube an ihre Fähigkeiten und ihr Entwicklungspotential haben sie damals sehr verletzt. Aber sie hat sich nicht unterkriegen lassen.
Im Alter zwischen 12 und 14 Jahren konnte Nour nicht zur Schule gehen. Das war in Syrien wegen des Krieges zu gefährlich. Nach der Flucht lebte ihre Familie drei Jahre in der Türkei. Dort machte Nour ihr Abitur. Doch als sie vor sechs Jahren nach Deutschland kam, wurde es hier nicht anerkannt.
Noch dazu musste Nour – inzwischen volljährig – zwei Jahre warten, bis sie überhaupt einen Sprachkurs machen konnte. Deutsch brachte sie sich in der Zwischenzeit mit Hilfe von Internet und Fernsehen selbst bei, sodass sie im Alltag zurechtkam. Immer suchte sie Gelegenheiten, Deutsch zu sprechen. Eine davon ist ihr Job in der Betreuung von geflüchteten Kindern bei der AWO.
Vor drei Wochen bekam die 23-Jährige nun ihr Abiturzeugnis im Bereich Gestaltung überreicht. „Die Schule war sehr schwer, meine ersten Noten in Deutsch waren Sechsen. Aber meine Lehrerin am Max-Born-Berufskolleg hat mich sehr unterstützt“, sagt Nour dankbar.
Auch von anderen geflüchteten Jugendlichen hat sie gehört, dass ihnen seitens ihrer Lehrpersonen wenig zugetraut wird. „Sie bleiben dann unter ihren Möglichkeiten. Wir brauchen Lehrerinnen und Lehrer, die uns etwas zutrauen und uns Mut machen“, fordert Nour.
Für fünf Wochen ist sie nun auf Malta – für ein Praktikum in einem Architekturbüro. Zweifelt noch jemand, dass sie ihr Ziel erreichen wird?
Eines hat Nour sich vorgenommen: Wenn sie zurück in Deutschland ist, wird sie ihrer ehemaligen Lehrerin das Abiturzeugnis zeigen.